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Behandlungsmöglichkeiten der chronischen Hepatitis C - Virusinfektion 2002
Rottenburg, den 04. April 2011

Behandlungsmöglichkeiten der chronischen Hepatitis C - Virusinfektion 2002

Esther Voigt, Medizinische Universitätsklinik Bonn

Weltweit sind 350 Millionen Menschen von einer chronischen Infektion mit dem Hepatitis C - Virus (HCV) betroffen. Die Übertragung geschieht überwiegend durch Blut und Blutprodukte. Menschen mit häufigem Blut - Blut - Kontakt, wie z.B. i.v. Drogengebraucher haben damit ein erhöhtes Risiko, eine Hepatitis C - Virusinfektion zu erleiden. Häufig transfusionsbedürftige Patienten und Hämophile hatten v.a. in der Vergangenheit ein ebenfalls hohes Infektionsrisiko, das jedoch glücklicherweise durch Screeninguntersuchungen der Bluspender und moderne Virusinaktivierungsverfahren drastisch reduziert werden konnte. Aufgrund gleicher Übertragungswege sind Coinfektionen von HCV mit dem humanen Immunschwäche Virus (HIV) nicht selten. In der Bundesrepublik sind etwa 6000 Menschen von dieser Doppelinfektion betroffen.

Nachdem die akute HCV - Infektion in der überwiegenden Zahl der Patienten unbemerkt verläuft, kommt es in ca. 30% der Betroffenen zu einer Ausheilung. In den übrigen Patienten entwickelt sich dagegen eine chronische Hepatitis C. Der chronische Entzündungsprozess führt über Jahre und Jahrzehnte zu einer zunehmenden Vernarbung der Leber mit Untergang funktionsfähigen Lebergewebes. Daneben birgt der Entzündungs - und Vernarbungsprozess das Risiko der Entstehung eines Leberkrebses, eines primären hepatocellulären Carcinoms (HCC). Patienten, die gleichzeitig eine HIV - Infektion haben, scheinen ein größeres Risiko für einen ungünstigen Verlauf der chronischen Hepatitis C aufzuweisen.
In den vergangenen Jahren hat sich die Behandlung der chronischen Hepatitis C mit a - Interferonen in Kombination mit Ribavirin etabliert. Das primäre Ziel der Behandlung ist die dauerhafte Elimination des Virus, sodaß Leberentzündung und - vernarbung zum Stillstand gebracht werden und das Risiko einer HCC - Entwicklung gesenkt wird.

Die genauen Wirkmechanismen von a - Interferon und Ribavirin sind nicht vollständig aufgeklärt. a - Interferon ist ein auch natürlich im Organismus vorkommender Botenstoff, der wichtige Aufgaben bei der Immunabwehr erfüllt. a - Interferon stimuliert das Immunsystem Viren anzugreifen und hemmt die Virusvermehrung. Ribavirin scheint die Virusvermehrung direkt zu hemmen und möglicherweise auch die Immunabwehr zu beeinflussen. Während Interferon allein zunächst nur bei weniger als 20% der Patienten zu einer Ausheilung der Hepatitis C - Virusinfektion führte, konnte durch die Kombination mit Ribavirin eine erhebliche Verbesserung der Heilungsraten auf ca. 40 - 50% erzielt werden.

Interferon ist nachdem es einmal subcutan appliziert worden ist einem sehr raschen Abbau unterworfen und wird rasch aus dem Körper ausgeschieden. Damit bestehen immer nur über einen sehr kurzen Zeitraum wirksame Medikamentenspiegel im Blut, weshalb bisher eine dreimal wöchentliche Gabe notwendig war.
Nunmehr steht mit den sogenannten pegylierten Interferonen eine neue Generation von Interferonen mit wesentlich längerer Wirkdauer zu Verfügung. Durch die Kopplung einer langen Zuckerkette, einer sogenannten Polyethylenglykolkette (PEG) an das Interferon, die Pegylierung, wird das Interferon gegen abbauende Enzyme abgeschirmt und langsamer ausgeschieden, weist demnach wesentlich länger wirksame Spiegel auf und muss deshalb nur 1 mal wöchentlich subcutan gespritzt werden.
Zwei unterschiedliche pegylierte Interferone, pegyliertes Interferon a 2a (PegasysÒ) und 2b (PegintronÒ) stehen derzeit zur Verfügung. Der Unterschied besteht im Aufbau der Polyethylenglykolkette. PegintronÒ besitzt eine lineare Polyethylenglykolkette mit einem Molekulargewicht von 12 Kilodalton (kD). PegasysÒ weist eine schwerere (40kD), verzweigte Polyethylenglykolkette auf, was Abbau und Ausscheidung noch stärker verzögert.
Unter einer Behandlung mit Pegintron plus Ribavirin erzielten in einer grossen Studie an 1530 HCV - infizierten Patienten 54% eine dauerhafte Negativierung des Hepatitis C - Virus gegenüber 47% unter Therapie mit herkömmlichem Interferon und Ribavirin. Deutlicheren Vorteil gegenüber der herkömmlichen Therapie hatten offenbar Patienten mit eher niedriger Hepatitis C - Viruslast vor der Therapie und dem ungünstigeren HCV - Genotypen 1, hier zeigten 78% gegenüber 59% bzw. 42% gegenüber 34% ein dauerhaftes Therapieansprechen (Manns et al., Lancet 2002).
In einer Studie an 1100 HCV - infizierten Patienten wurde die Wirksamkeit von Pegasys plus Ribavirin mit der Standardtherapie verglichen. Hier zeigten 56% der Patienten unter Pegasys ein dauerhaftes Therapieansprechen gegenüber 44% unter Standardtherapie (Fried et al., New England Journal of Medicine 2002).
Damit sind die pegylierten Interferone in Kombination mit Ribavirin hinsichtlich der Effektivität der herkömmlichen Interferon/Ribavirin - Behandlung überlegen.
Der Erfolg der Behandlung hängt von zahlreichen Faktoren ab. Hier ist insbesondere der jeweilige Virustyp, der sogenannte HCV - Genotyp zu erwähnen. Während die Genotypen 2 und 3 allgemein ein sehr gutes Therapieansprechen bis über 80% zeigen, spricht der in unseren Breiten häufigste Genotyp 1 in etwa 40 - 50% dauerhaft an. Desweiteren wirken sich z.B. eine niedrigere Hepatitis C - Viruslast, eine kürzere Dauer seit Infektion mit weniger Vernarbung des Lebergewebes, jüngeres Lebensalter und weibliches Geschlecht günstig auf den Therapieverlauf aus.
Mit den neuen PEG - Interferonen zeigte sich auch ein relativ gutes Therapieansprechen bei Patienten, die bereits eine Leberzirrhose, einen vollständigen narbigen Umbau der Leber aufwiesen. Bei Fried et al. zeigten 43% der Zirrhose - Patienten ein dauerhaftes Therapieansprechen.
Gesichert ist auch, daß Patienten ohne Negativierung des Hepatitis C - Virus eine Verbesserung der Hepatitis - und Vernarbungserscheinungen mit Verlangsamung des weiteren Verlaufes zeigen.
In der Vergangenheit zeigten HIV - coinfizierte Patienten stets ein deutlich schlechteres Therapieansprechen als die Patienten mit alleiniger HCV - Infektion. Die Ergebnisse von Untersuchungen an Coinfizierten mit den pegylierten Interferonen bleiben noch abzuwarten. Doch auch hier sind die bisherigen Ergebnisse ermutigend, daß auch für diese Patienten ein verbessertes Therapieansprechen erreicht werden kann. In dieser Patienten sind insbesondere die Immunfunktion und mögliche Medikamentenwechselwirkungen mit der antiretroviralen Therapie zu berücksichtigen.

Die Behandlung einer chronischen Hepatitis C dauert üblicherweise ein Jahr. Eine Ausnahme stellen die HCV - Genotypen 2 und 3 dar, bei denen eine sechs monatige Therapie ausreicht.
Typische Nebenwirkungen des Interferons sind grippeartige Erscheinung, wie Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit, die bei fast allen Patienten nach der Spritze über wenige Tage anhalten, mit der Zeit jedoch immer schwächer in Erscheinung treten und sich im übrigen durch unterstützende medikamentöse Therapie mit z.B. Paracetamol recht gut beherrschen lassen. Daneben kann es zu einer Abnahme der weißen Blutkörperchen und der Blutplättchen kommen, weshalb bestimmte Werte vor der Therapie nicht unterschritten werden dürfen. Nach längerer Therapiedauer können Stimmungsschwankungen bis hin zu einer Depression auftreten. Ribavirin führt typischerweise dosisabhängig zu einer Blutarmut durch Zerstörung von roten Blutkörperchen (Hämolyse). Dem wird durch Dosisreduktion begegnet. Insgesamt etwa 15% der Patienten brechen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen vorzeitig ab.

Zusammenfassend scheint durch die Entwicklung der pegylierten Interferone ein neuer großer Schritt für die Behandlung der chronischen Hepatitis C gemacht. Auch angesichts der verbesserten Ansprechraten bleibt die in der Regel einjährige, in der Regel nebenwirkungsreiche Behandlung weiterhin anstrengend. Das Für und Wider muß individuell abgewogen und die Therapie im Verlauf gut überwacht werden. Angesichts der ernsten Folgen einer chronischen Hepatitis C werden sich die mit der Behandlung verbundenen Mühen jedoch vielfach auszahlen.

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